Sieben Minuten nach Mitternacht

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Bereits am 9.September 2016 wurde dieser Film auf dem Toronto International Film Festival das erste Mal dem Publikum gezeigt. Der Fantasy-Film basiert auf den gleichnamigen Jugendroman von Schriftsteller Patrick Ness und daher geht es in dieser Kritik um Sieben Minuten nach Mitternacht.

 

Originaltitel: A Monster Calls

Regie: J.A. Bayona

Drehbuch: Patrick Ness

Produktion: u.a. Patrick Ness, Jonathan King, Jeff Skoll, Bill Pohlad und Sandra Hermida

Kamera: Oscar Faura

Musik: Fernando Felazquez

 

 

HANDLUNG

Erzählt wird die Geschichte des 12-jährigen Conor O’Malley (Lewis MacDougall), der wahrlich kein leichtes Leben führt. Er lebt bei seiner todkranken Mutter (Felicity Jones) und versucht zu verdrängen, dass sie eines Tages sterben könnte. Er will auch nicht bei seiner strengen Großmutter (Sigourney Weaver) wohnen, wo er nichts anfassen darf. In der Schule wird er täglich mit Mobbing konfrontiert und von größeren und stärkeren Mitschülern schikaniert. Und ist das alles noch nicht genug, bekommt er auch noch Alpträume in denen er mit dem Tod seiner Mutter konfrontiert wird und der sehr alte Baum am Friedhof vor seinem Fenster sich in ein Monster (Stimme im Original: Liam Neeson) verwandelt. In weiterer Folge erscheint dieses Monster immer „Sieben Minuten nach Mitternacht“ und erzählt Conor Geschichten, die sowohl real als auch märchenhaft sein können.

 

DREHBUCH UND STORY

J. A. Bayona (Das Waisenhaus) hat es geschafft, einen tiefgründigen und sehr emotionalen Film zu inszenieren, der mit Thematiken wie Tod und Trauer sehr feinfühlig umgeht und bei dem Zuschauer definitiv die eine oder andere Träne verdrücken werden.

Man sollte sich nicht von dem Titel und dem Trailer abschrecken lassen, denn was am ersten Blick vielleicht wie ein Fantasy-Film aussieht, ist im Kern ein intensives Drama mit Fantasy-Elementen. Zudem spielt der Regisseur mit der Vermischung von Wirklichkeit und Traumsequenzen und überlässt so dem Kinobesucher welchen Part er für die Realität und welchen für das Märchen hält. Er schafft es, dass ich von der ersten Sekunde an gespannt auf die große Leinwand schaue, mit den Figuren und der Geschichte mitfühle. Die 109 Minuten vergehen fast wie im Fluge, es wird nie langweilig und durch Themen wie Mobbing, Tod, Trauer, Wut, Angst, Zuneigung und anderen alltäglichen Gefühlen wirkt der Film trotz des Fantasy-Einschlages sehr realistisch.

Der roten Faden hat mir persönlich auch sehr gut gefallen. Zu Beginn erleben wir gleich den Alptraum wo die Mutter von dem Jungen stirbt und das Monster kommt auch bereits vor. Diese Szene ebnet den weiteren Verlauf der Geschichte, denn das Monster wird aus einem bestimmten Grund herbeigerufen – unter anderem wegen Hass, der sich in Conor über die Zeit angesammelt hat, weil er dauernd gemobbt wird. Mehr möchte ich eigentlich nicht verraten, ich möchte euch das Erlebnis nicht nehmen selbst die schönen, traurigen und tiefgründigen Momente zu erleben. Vor allem auch, weil wir außer den Namen des Jungen keine anderen Namen kennen. Grandma bleibt Grandma und Mutter bleibt Mutter – der Interpretation beim Verfolgen der Story ist somit grenzenlos. Der Film und speziell die Inszenierung hat einen kleinen Schönheitsfehler – die Nebenhandlung mit dem Vater. Die Darstellung der Figur hat mir nicht gefallen und irgendwie hat sie auch nicht so ganz hineingepasst. Der Rest entschädigt aber und auch der Schluss war genial. Er rundete die gesamte Geschichte perfekt ab und eigentlich wollte ich mehr sehen. Das ist doch ein gutes Zeichen.

 

DER CAST

  • Lewis MacDougall (Pan) als Conor O’Mally

Erst 14 Jahre alt verkörpert er den jungen Conor sehr stark und glaubhaft. Ich nehme ihm von der ersten Sekunde an die innere Leere ab, die Angst in die Schule zu gehen, von seiner Mutter loszulassen und dass er mit seiner gesamten Situation überfordert ist. Denn innerlich vermutet er, dass sie stirbt aber er hofft auf das Beste – auch durch die Geschichten des Monsters. Ich möchte mehr von diesem Jungdarsteller sehen und freue mich auf weitere Projekte, er hat mich über die gesamte Länge mehr als überzeugt.

  • Felicity Jones (Rogue One: A Star Wars Story) als Conor’s Mutter

Du musst ihr nur in die Augen schauen und erkennst, wie schwer es ihr fällt ihrem Sohn zu erklären, dass keine Therapie mehr hilft sie am Leben zu halten. Für eine Mutter ist es vermutlich das Schwerste und Felicity Jones verkörpert diese Rolle großartig. An manchen Stellen sind die Szenen mit ihrem Sohn, vor allem im späteren Verlauf sehr heftig, Kinobesucher starren nachdenklich auf die Leinwand. Für mich die bisher stärkste Leistung von ihr in einem Film.

  • Sigourney Weaver (Alien) als Conor’s Großmutter

Ihre Leistung hat mir auch grandios gefallen. Eine strenge Frau, die sehr darauf bedacht ist ihre Wohnung ordentlich zu halten. Aus diesem Grund darf auch Conor nichts anfassen was ihm sehr missfällt. Die Figur entwickelt sich im Laufe der Story in eine positive Richtung, ohne zu viel zu verraten. Darum fällt sie auch nicht zu eintönig aus, hatte in den ersten Minuten die Angst der Charakter bleibt die gesamte Lauflänge so streng.

  • Weitere Charaktere

In der Originalfassung spricht Liam Neeson (Non-Stop) das Monster und diese Wahl ist perfekt. Seine tiefe Stimme passt zu dem Monster und er schafft es auch mit seiner Darstellung, dass ich als Zuschauer nicht sofort weiß ob seine Absichten böse oder gut sind. Er hat mehr Screentime als man vermutet.

Tobey Kebell (Kong: Skull Island) verkörpert den Vater und schafft es in nur rund 15 bis 20 Minuten, in denen er Dialoge hat, nicht zu glänzen. Er hat mich persönlich noch nicht überzeugt, weil ihm einfach das Charisma fehlt. Auch die Storyline mit dem Vater passte meiner Meinung nach nicht so ganz in das Gesamtkonzept.

 

TECHNIK, KAMERA, SOUNDTRACK

Bei einem Fantasy-Film gibt es naturgemäß einige digitale Effekte und die sind hervorragend. Vor allem das Monster wurde gut animiert und die Lippenbewegungen passen perfekt zu den Dialogen die Liam Neeson gesprochen hat. Zwischendurch wechselt der Stil von der realen Welt in eine gezeichnete Aquarelloptik die mir auch sehr gut gefallen hat und die auch Abwechslung bringt.

Zusätzlich zu der tollen Optik gefällt mir auch die Kameraarbeit. Sehr dynamisch in der Märchen- und Traumwelt und ruhig in den Dialogen zwischen Conor, Mutter und Großmutter. Meistens ist sie nah und halb-nah ausgefallen. Das Szenenbild ist hauptsächlich das Zimmer von Conor, das Haus von seiner Großmutter, die Schule und die toll ausgefallene Fantasiewelt.

Die Musik von Fernando Felazquez (Crimson Peak) ist großartig. Nachdenkliche Melodien, traurig und tiefgründige Klavierklänge – sie sorgen dafür, dass die emotionalen Sequenzen noch emotionaler werden. Felazquez hat damit einiges richtiggemacht.

Thomas Bauer
Thomas Bauerhttp://derplapperblog.wordpress.com
Willkommen bei meiner Snipville-Kolumne rund um das Thema Kino und Heimkino. Ich schreibe Kritiken zu aktuellen Kinofilmen, zu Filmen aus dem Superhelden-Universum von DC und Marvel und die eine oder andere Empfehlung aus dem Heimkinobereich. Ich freue mich über jede positive Rückmeldung, Teilung meiner Beiträge und ihr dürft mir gern auf meinen sozialen Netzwerken Kontakt mit mir aufnehmen. Viel Spaß beim Lesen.

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Sieben Minuten nach Mitternacht ist sehr zu empfehlen. Eine tiefgründige Geschichte die zum Nachdenken anregt, die sich feinfühlig mit dem Thema Tod beschäftigt und wie schwer es ist sowohl von der Person loszulassen als auch die Wahrheit frei herauszusprechen. Die Charakterzeichnung ist glaubhaft ausgefallen, die SchauspielerInnen sorgen dafür, dass ich als Schauer sofort eine Bindung aufbauen kann. Nur die Nebenhandlung mit dem Vater will für mich nicht in das Konzept passen, was auch am Schauspieler Tobey Kebell liegt. Der Schauspaß wird dadurch aber nicht gebremst. Kinostart ist der 4. Mai 2017.Sieben Minuten nach Mitternacht